Das Arnold Schönberg Center digitalisiert gemeinfreie Schallplatten inklusive Cover und Begleitmaterial und macht sie frei zugänglich.

Bereits das Arnold Schoenberg Institute an der Universitiy of Southern California in Los Angeles dokumentierte das stetig wachsende Angebot kommerzieller Tonträger mit Musik Arnold Schönbergs. Schwerpunkt dieses Sammlungsbereiches waren bis in die späten 1980er Jahre Schallplatten, die allmählich durch CDs abgelöst wurden, während heute Streaming-Portale im Zentrum des Musikkonsums stehen. Manche Aufnahmen blieben durch sämtliche Medienwechsel erhalten, andere sind allenfalls Second Hand zu finden. Da das europäische Urheberrecht Schallplatten bis zum Erscheinungsjahr 1963 als Public Domain deklariert, können diese verfügbar gemacht werden. Einige hörenswerte Beispiele solcher Dokumente werden wir in den nächsten Monaten vorstellen.

Den Anfang macht eine 1961 erschienene LP des Marlboro Music Festival. Künstlerischer Leiter war damals Rudolf Serkin, um 1920 als Pianist in Schönbergs Verein für musikalische Privataufführungen aktiv. Gemeinsam mit seinem Schwiegervater Adolph Busch emigrierte er 1940 aus Deutschland nach Vermont in den Vereinigten Staaten. In der ländlichen Kleinstadt Marlboro gründeten sie gemeinsam das gleichnamige Festival, das bis heute Treffpunkt bedeutender Interpret:innen ist und von erheblichem Einfluss auf das Musikleben in den USA war. Die vorliegende Schallplatte enthält neben Gabriel Faurés Liederzyklus La Bonne Chanson eine Aufnahme von Schönbergs Streichsextett Verklärte Nacht op. 4. Von Columbia Records, später unter dem Dach von Sony Music, wurde die LP wahrscheinlich vornehmlich als Festival-Dokumentation wahrgenommen – nach der gleichzeitig als Mono- und Stereo-Fassung erschienenen Erstpressung wurde sie nicht wieder aufgelegt. Dabei ist sie fraglos auch von historischer Bedeutung: Primgeiger in Schönbergs frühem Erfolgsstück ist Felix Galimir (1910 – 1999). Die Musik der Wiener Schule war ihm vertraut: 1935 spielte er mit seinem Quartett Alban Bergs Lyrische Suite erstmals auf Schallplatte ein und erhielt dafür den Grand Prix du Disque. 1936 hätte er eine Stelle bei den Wiener Philharmonikern antreten sollen – er scheiterte trotz gewonnenem Auswahlverfahren am antisemitisch motivierten Widerstand von Vorstand und Orchestermitgliedern. Nach einer Zwischenstation in Tel Aviv ließ er sich 1938 dauerhaft in den USA nieder, wo er bis 1993 als Musiker aktiv blieb. Gut sechzig Jahre nach ihrer Entstehung können wir die Aufführung unter seiner Mitwirkung in Marlboro wieder nacherleben (Link).